Sonntag, 20. April 2008 Streckenfluglehrgang II
(von JAN LYCZYWEK)
Fotos: http://www.flickr.com/photos/23318529@N08/tags/20042008/show/
Stichworte: Standardabflug, Steinernes Meer, Rennstrecke Ost, Eisenerzer, Rax, Gesäuse, Pinzgau
Time: UTC
09:08 - 09:28 Standard-Abflugbart am Jochberg.
09:28 - 09:42 Nach einiger Sucherei finde ich den Dürrnbachhorn-Bart etwas vorgelagert. Die Abflughöhe von 2500 m ist mehr als komfortabel.
09:42 - 09:55 Das Ulrichshorn geht nicht, aber an der nächsten Ecke der Loferer steht eine schöne Wolke, daher verzichte ich darauf, das Felskar rund auszufliegen.
09:55 - 10:00 An den Leogangern, die wie üblich nicht gehen, teilen sich die Wege: entweder Richtung Zell zum Asitzkogel oder wie hier weiter nach Osten ans Steinerne Meer.
10:00 - 10:02 Statistik der ersten Flugstunde, von 11:00 – 12:00:
Zurückgelegte Strecke 39 km, Kurbelanteil 40%, mittleres Steigen 1,2 m/s. Das klingt schlechter, als es ist, immerhin muss auf den ersten Kilometern ein deutlicher Gelände- und diesmal auch Basisanstieg mitgemacht werden. Mehr als 50 km schafft man in der ersten Stunde auf diesem Abflug auch an Hammertagen selten.
10:02 - 10:23 Taktikabwägung am Steinernen Meer: einerseits sollte man in die zu dieser Tageszeit noch schwache, blubbernde Hangthermik nicht zuviel Zeit und Nerven investieren. Andererseits sollte man die von vielen Nasen und Rippen gegliederte Wand auch nicht zu tief entlanggleiten, weil dann die Umwege immer größer und die Chance auf Steigen am Hang immer schlechter werden. Es lohnt sich meist, gleich vorne an der Ecke bis etwa Höhe der Kante zu kommen. You better be scratchin’ high than scratchin’ low, sagt der Ami.
10:23 - 10:43 Wenn man aber am Steinernen Meer nicht auf Kantenhöhe geradeausfliegen kann, dann nicht in den noch kalten Kalkwänden festkrallen oder gar runtersuchen, sondern (bei ausreichender Höhe) konsequent durchgleiten zu diesem kleinen Waldbuckel, der ein recht zuverlässiger Auslöser von der niedrigeren, über Gipfel erreichbaren Sorte ist.
Spätestens jetzt kann auch der McCready-Wert rauf auf 1,0, angesichts der schönen Höhe und guter Optik voraus vielleicht sogar auf 1,5.
10:43 - 11:00 Westecke Rossbrand mit 2,0 m/s bis 2700 m, was will man mehr. McCready 1,5. Ab jetzt sollte es auf den tragenden Linien zügig vorwärtsgehen.
11:00 - 11:04 Statistik zweite Flugstunde, 12:00 – 13:00:
Zurückgelegte Strecke 78 km, genau doppelt so viel wie in der ersten Stunde. Mittleres Steigen nach wie vor 1,2 m/s, da merkt man noch das Gestocher am Steinernen Meer.
Mittlere Gleitzahl 55 und Kurbelanteil 30% weisen aber schon in die richtige Richtung.
11:04 - 11:26 Dieser Bart am Westfuß des Grimming hat den Vorteil, dass er recht tief angeflogen werden kann. Insbesondere am späteren Nachmittag eine relativ sichere Bank. Er bringt hier 450 Höhenmeter in genau zweieinhalb Minuten, also exakt 3,0 m/s. Das ist ein sehr guter Mittelwert, im Funk heisst das dann meist „Fünf-Meter-Bart“.
Der McCready bleibt trotzdem bei 1,5, denn voraus kommt bei Aigen und Liezen erstmal ein Loch in der Rennstrecke.
11:26 - 11:52 Wie man sieht, ist die Welt östlich des Grimming nicht zu Ende. Dieser Bart hier am Dürrenschöberl ist der Einstieg in die Rennstrecke der Eisenerzer.
11:52 - 12:00 Die ganze Ecke zwischen Admont und Eisenerz, das sogenannte Gesäuse, ist ziemlich unlandbar, die wenigen Katalogwiesen sind eher mäßig. Wer das Stück stressfrei fliegen will, hält sich eine Kette weiter südlich auf der ebenfalls schnellen Linie Dürrenschöberl – Gößeck, von der aus das Palten-Liesing-Tal mit dem Flugplatz Trieben in der Mitte immer erreichbar bleibt.
12:00 - 12:32 Statistik dritte Flugstunde, 13:00 – 14:00:
Zurückgelegte Strecke 90 km, Kurbelanteil 25%, mittleres Steigen 2,0 m/s, mittlere Gleitzahl 58. Jetzt wird die Schnittgeschwindigkeit langsam ganz respektabel. Daran ist weniger das bessere Steigen schuld, sondern eher die längeren tragenden Linien, erkennbar am geringeren Kurbelanteil. Die Verbesserung des mittleren Steigens ist übrigens seinerseits nicht etwa nur eine Folge besseren Wetters oder Geländes, sondern ebenfalls eine direkte Folge der tragenden Linien: weil man auf ihnen aus gegebener Höhe weiter kommt, hat man viel mehr Auswahl an Bärten und kann sich die stärksten zum Kurbeln herauspicken, wie den 3,0er am Grimming.
12:32 - 12:45 Die Rax, letzter ordentlicher Berg vor Wien und noch außerhalb jeglicher Lufträume. Der Schwenk nach Norden war ein Experiment, weil dort ein angedeuteter Basissprung eine Konvergenzlinie erhoffen ließ.
12:45 - 13:00 Puh, das wurde aber auch Zeit, hier den Bart zu kriegen.
13:00 - 14:00 Die Konvergenzlinie bis zum Flugplatz Mariazell hat funktioniert, kein Höhenverlust auf den letzten 25 km seit dem letzten Bart.
Statistik vierte Flugstunde, 14:00-15:00:
Zurückgelegte Strecke 82 km, Kurbelanteil 30%, Mittleres Steigen 1,9 m/s, mittlere Gleitzahl 53. Das bisschen Suchen an der Rax und nördlich davon wirkt sich direkt auf die erreichte Schnittgeschwindigkeit aus.
14:00 - 15:00 Wieder am Grimming auf der gewohnten Rennstrecke.
Statistik fünfte Flugstunde, 15:00 – 16:00:
Zurückgelegte Strecke 103 km, Kurbelanteil 18%, mittleres Steigen 2,6 m/s, mittlere Gleitzahl 53. So macht das doch Spaß.
Angesichts der durchgängig sehr guten Steigwerte der letzten Bärte, der hervorragenden Wetteroptik auf bekannter Strecke voraus und auch der hohen Basis schiebe ich noch ein wenig Gas nach, McCready 2,0.
15:00 - 15:26 Statistik sechste Flugstunde, 16:00 – 17:00:
Zurückgelegte Strecke 100 km, Kurbelanteil 23%, mittleres Steigen 3,1 m/s, mittlere Gleitzahl 45. Interessant: trotz der exorbitant guten durchschnittlichen Steigwerte hat die Erhöhung des McCready-Wertes von 1,5 auf 2,0 zwar höhere Vorfluggeschwindigkeiten und damit eine leichte Verschlechterung von Gleitzahl und Kurbelanteil mit sich gebracht, aber keine weitere Steigerung der Reisegeschwindigkeit; sie blieb bei 100 km/h.
Ein abrupter Wechsel der Wetteroptik voraus: in der Höhe ist ein Cirrenschirm herangezogen, der gesamte Pinzgau liegt in fahlem Licht. Darunter stehen noch Cumuli, im gedämpften Gegenlicht sehen sie aber grau und müde aus. Ich will auf keinen Fall unter die Pinzgau-Kämme rutschen und ziehe das Gas komplett heraus; McCready 0,5. Wie sich noch zeigen wird, eine übertriebene Reaktion.
15:26 - 16:00 Von den Cirren habe ich mich ins Bockshorn jagen lassen und unnötig schwaches Steigen angenommen. Hier, am Westhang zum Pass Thurn hinab, stehen doch noch über zwei Meter, und noch dazu mit der bisher mit Abstand größten Basishöhe von 3300 m! Es wäre also besser gewesen, einfach konsequent bis hierhin durchzugleiten. Andererseits ist es definitiv der letzte Bart in dieser Richtung, weiter westlich ist alles tot. Ab jetzt bleibe ich lieber hoch und fliege wieder nach Osten.
Sehr deutlich sieht man die beiden Motivationswechsel im Barogramm: zwischen 17:00 und 17:30 das Zaudern und Festbeißen in schlechtester Thermik, dann zwischen 17:30 und 18:00 bewusstes Hochbleiben mit ganz kurzen Barogrammzacken zwischen 3100 und 3300 m.
16:00 - 17:08 Wegen der von Westen heranrückenden Cirren will ich nicht mehr nach Osten aus dem Unterwössener Gleitbereich herausfliegen. Also lasse ich es am Honigkogel gut sein und gleite aus 3100 m bequem nach Hause.
Statistik siebte Flugstunde, 17:00 – 18:00:
Zurückgelegte Strecke 60 km, Kurbelanteil 43%, mittleres Steigen 1,3 m/s. Ein drastischer Einbruch aller Werte, der allerdings eher meiner Zögerlichkeit als tatsächlich schlechteren Bedingungen zuzuschreiben ist.
17:08 - 17:26 Ein netter Spaß für abends: an dieser Hangecke steht der Talwind an, besonders dann, wenn er durch eine überregionale Nordost- oder Ostkomponente unterstützt wird. Manchmal reicht es, um zusammen mit den Drachen bis zum Hochplattengipfel aufzusoaren.

Fazit: schöner Frühjahrsflug, und für 600 km hat es trotz der Cirren im Pinzgau doch gereicht.